Seite 1 von 1

Widder immer in der Herde lassen?

Verfasst: Montag 13. Dezember 2004, 08:59
von Priska
Christian Gazzarin hat geschrieben:
In Thema "Vermarktung von Engadinerlämmer":
...Das Wichtigste ist jedoch nicht der Erlös pro Lamm, sondern der Erlös pro Aue und Jahr. D.h. durch die gute Fruchtbarkeit der Engadiner Auen können mehr kg Fleisch verkauft werden und dies auch zu Zeiten, wo der Preis etwas besser ist (Winter, Frühling, Sommer). Dies setzt jedoch voraus, dass der Widder immer oder mind. 9 Monate (bei Alpung kein Widder von Februar bis April) in der Herde ist...

Gruss Christian

Hallo!

Wie macht ihr das mit dem Widder?
Wir haben eine kunterbunte Schar Schafe ohne Rasse (plus eine Engadineraue, das ist unsere beste Mutter, hatte zwar bisher immer nur ein Lamm, das hütet sie aber besser als jede andere Aue, und Milch hat sie auch schön....).
Wir haben einen eigenen Bock, der theoretisch immer dabei sein könnte. Unser Kollege, von dem wir die Schafhaltung gelernt haben, hat uns aber gesagt, der Widder dürfe nicht dabei bleiben, die Mutter brauche eine längere Pause, sie werde sonst viel zu mager. So haben wir bisher den Bock immer erst dann wieder dazu getan, wenn die Jungböcke geschlachtet wurden (dann gabs auch keine Streitereien). So gabs schön immer im Winter Lämmer. Das Getrenntlassen ist aber ziemlich aufwändig, weil wir dann einen Teil des Jahres zwei Weiden brauchen, und auch den Stall und den Laufhof unterteilen müssen.
Nun haben zwei unserer drei erfahrenen Mütter dieses Jahr nur ein Lamm, so dass wir fanden, wir könnten es wagen, den Bock wieder dazuzu lassen, um zu gucken, ob wir einen Sommerwurf dazu bekommen könnten (an sich schätzen wir es, wenn die Lämmer im Winter im Stall zur Welt kommen. Wir haben aber zwei junge Auen, die so oder so erst jetzt dann aufnehmen werden, und also mit grosser Wahrscheinlichkeit im Sommer lammen. Und wenn die erfahrenen Mütter nur ein Lamm säugen müssen, nimmt es sie ja auch nicht so her, dann könnte man eine erneute Trächtigkeit eigentlich riskieren, oder? Und bisher waren unsere Schafe noch nie zu mager...)
Das gab aber ein Theater gestern: Der Bock hat die Auen derart rumgejagt, dass die Lämmer (1, 2 und 4 Wochen alt) ihre Mütter gar nicht mehr finden konnten. So dass wir sie dann wieder getrennt haben.
Wie stellt man das am besten an?
Müssen wir warten, bis die Lämmer grösser sind? Oder separiert ihr die hochträchtigen gar nicht, so dass sie immer beim Bock bleiben?

Gruss
Priska Küng

Widderhaltung

Verfasst: Mittwoch 15. Dezember 2004, 10:57
von Hugo Deflorin
Hallo Priska
bei meiner Herde ( 25 WAS-Schafe und 1 Engadineraue) ist der Widder immer dabei . Da bei mir ca. 12 Schafe im Sommer auf einer Alp sind , werden diese vom Januar bis mitte Mai getrennt gehalten . So habe ich während der Alpzeit bei diesen Schafen keine Lämmer . Während dieser Zeit halte ich den Widder nur mit dem restlichen Teil der Herde , der das ganze Jahr bei mir auf meinem Betrieb bleibt . Ich habe damit seit Jahren eine ganz gute Erfahrung gemacht . Die ganze Herde ist so ruhiger und nur selten werden die Schafe vom Widder umhergejagt , kann aber von Widder zu Widder verschieden sein .
Wünsche Dir mit den Schafen viel Glück .

Gruss Hugo

Re: Vermarktung von Engadinerlämmer

Verfasst: Donnerstag 16. Dezember 2004, 10:33
von Christian
Priska hat geschrieben: Hallo!

Wie macht ihr das mit dem Widder?
Hallo Priska

Bei mir ist der Widder ganzjährig (ohne Unterbruch) in der Herde und dies schon seit mehreren Jahren. Die Befürchtung mit der Ruhepause bzw. dass die Auen zu stark beansprucht werden, wird immer wieder mal diskutiert. Ich und auch andere Züchter von asaisonalen Rassen wie SBS oder ES haben jedoch die Feststellung gemacht, dass die Natur das selber steuert. D.h. die Aue gönnt sich irgendwann selbst eine Ruhepause, indem sie mehrere Zyklen überspringt d.h. nicht aufnimmt. Das Erstablammalter ging bei mir nie unter 11 Monate (im Durchschnitt 14 Monate) und wenn eine dann etwas zurückbleibt holt sie es später wieder auf - gute Fütterung vorausgesetzt. In einer natürlichen Herde ist es ja auch so, dass immer mind. ein Widder in der Herde ist. Warum also kompliziert, wenn's auch einfach geht?

Selbstverständlich haben diese Auen nicht viel Fleisch am Körper und sind gewissermassen Hochleistungstiere, indem sie pro Jahr viel mehr Milch geben als saisonale Rassen (die Auen müssen ja nicht dick sein, sondern die Lämmer). Deshalb ist bei einer solchen Haltung auch eine gute Fütterung wichtig. Damit meine ich nicht unbedingt Kraftfutter, aber dafür Top-Grundfutter (belüftetes Emd oder Silage mit etwas Belüftungsheu kombiniert; reichhaltige Weiden). Ich würde auch bestreiten, dass diese Ganzjahresablammung auf Kosten der Gesundheit bzw. Nutzungsdauer geht. Meine älteste Aue ist jetzt 10 Jahre alt, hat 24 Lämmer geboren und ist wieder trächtig (da gibt es noch viele weitere Beispiele).
Inwiefern es sinnvoll ist, den Widder aus der Herde zu nehmen, ist vielmehr eine Frage des Produktionssystems, indem der Züchter z.B. aus arbeitsorganisatorischen Gründen nur saisonal Ablammungen möchte oder - wie bereits von Hugo erwähnt - auf der Alp keine Lämmer möchte.
Das mit der Ruhe kann ich bestätigen. Wenn der Widder immer dabei ist, hat jedes Tiere seine Rangordnung und seine Rolle. Bei Beständen bis 10 Auen müssen auch keine Widderlämmer kastriert oder separiert werden, da diese von Klein auf genau wissen, dass der Altwidder den "Deckjob" verrichtet und sie folglich auch nicht treiben (können) - zumindest solange ein deutlicher Gewichtsunterschied besteht und ein Alter von ca. 8 Monaten nicht überschritten wird. "Trennung" und "wieder integrieren" bringt immer Unruhe. Ich weiss ja nicht, wieviel Schafe Ihr habt, aber bei einem Bestand von bis 10 Auen ist eine Trennung schon ziemlich aufwendig und wie vorgängig erwähnt auch nicht nötig (ausser für unkastrierte Widderlämmer bei mehr als 10 Auen).

Gruss Christian

Verfasst: Freitag 17. Dezember 2004, 20:45
von Priska
Hoi Christian

Vielen Dank für deine Antwort!
Wir haben in der Tat weniger als 10 Auen. (Genau genommen ist es nur eine Handvoll - wir haben aber im Sinn, es fast 10 werden zu lassen mit den Jungen, die wir behalten...).
Heute haben wir die Gruppe mit dem Widder mit der Gruppe der Mütter nochmals zusammen gelassen - nachdem sie sich nun eine Weile durchs Gatter im Stall kennen lernen konnten, und es ging viel weniger wild zu (abgesehen davon, dass nun auch die jüngeren Lämmer zweiwöchig sind, und gut zu Fuss....)
Nun werden wir mal probieren, ihn grad dabei zu lassen...

Gruss
Priska

Verfasst: Dienstag 11. Januar 2005, 18:38
von bougle
bei uns ist es so, dass wir einfach die Auen nach dem Lammen separieren, bis die Lämmer stark genug sind, dass sie nicht zwischen die Beine der Schafe kommen und vertrampelt werden. Der Böck läuft immer mit, außer im Sommer, wenn alle auf der Alp sind (der Bock auf einer Alp nur für Böcke), aber da gibte s noch den Genossenschaftsbock, der zwar uns nciht viel nützt, da unsere Herd eimmer alleine unterwegs ist, aber doch haben wir diesen Herbst mal ein Lamm von dem gehabt.

Dass die Lämmer die Mütter nicht mehr finden, da musst du keine Angst haben, die finden sie schon wieder. Stell dir mal vor, wie es auf den großen Alpen ist, wenn 500 bis 1000 Tiere in einem Pferch sind und danach wieder ausgelassen werden? Dann plären sie halt eine Weile, aber dann finden sie sich immer wieder.